»Grenzregime und Autoritäre Transformation: Zu Internalisierungseffekten repressiver Grenzpolitiken – das Beispiel Polen«
Von: Jens Adam und Sabine Hess (CeMig Member)
Abstract: Vor dem Hintergrund einer Forschungsreise entlang dem zweigeteilten Grenzregime Polens, welches einerseits ukrainische Kriegsflüchtende staatlich willkommen heißt und andererseits Fluchtbewegungen aus dem Globalen Süden und Osten über die belarusisch-polnische Grenze durch ein militarisiertes Abschreckungsregime zu unterbinden versucht, argumentiert der Beitrag für eine Erweiterung der analytischen Perspektive der kritischen Grenzforschung. Während bisher mehr oder weniger der Ausbau der Außengrenzen und die Externalisierung der Migrationskontrollen des EU-Grenzregime eine zentrale Forschungsagenda der auf Europa bezogenen border studies darstellten, plädiert der Beitrag für eine parallele Perspektive auf die internen Effekte und Wechselwirkungen, welche er als „Internalisierung der Grenze“ fasst. So kann er unter Rückgriff auf die Analytik des „soften Autoritarismus“ (Adam et al. 2022; Randeria 2021) und Ansätzen der kritischen Rassismusforschung, insbesondere mit Blick auf die „race formation“ in Europa (Goldberg 2006), am Beispiel Polens zeigen, wie die Grenze als souveränistisches „border spectacle“ (De Genova 2015) eines fortifizierten Nationalismus zu verstehen ist, der weitreichende Effekte auf die moralisch-politische Konstitution der Gesellschaft als gereinigte weiße „moralische Gemeinschaft“ (Fassin 2013) mit sich bringt. Der Artikel zeigt damit auch, dass hochgerüstete Grenze, gemessen an ihren eigenen Zielen der Migrationsabwehr, ineffektiv sind, ihre Funktion damit jedoch nicht erschöpfend beschrieben ist: Vielmehr muss die Grenze als rassifizierende Infrastruktur und Katalysator nationalautoritärer, rechtspopulistischer Transformationen neu in den Blick genommen werden.
In: Handbuch Migrationssoziologie (2024), S. 1–30, Springer VS, Wiesbaden.
Mehr Informationen zur Publikation finden Sie <hier>.